absit omen
Stampede
Freitag, 9. November 2007, 11:39
Als ich mich heute morgen die ersten Stufen in unserem Bürogebäude hoch schleppte, ich meine natürlich voller Elan die Treppe zum ersten Stock hoch spurtete, sah ich eine bedrohlich wirkende Wolke die sich unaufhörlich auf mich zu bewegte. Ich rieb mir die verschlafenen Augen, ich meine natürlich, ich traute meinen Augen kaum, da sah ich, daß sich die Wolke aus vielen menschlichen Körpern zusammensetzte, aus der ganz viele Arme ragten und die sich auf ebenso vielen Beinen in rasender Geschwindigkeit vorwärts bewegte. Vereinzelt sah ich auch ein paar bekannte Köpfe in dem ganzen Durcheinander, war das da nicht gerade der Kopf von X? Entsetzt aufgerissene Augen in blassen Gesichtern starrten mir entgegen, wilde, angsterfüllte Schreie drangen an mein Ohr. Unaufhaltsam schob sich die Masse weiter durch das Treppenhaus Richtung Ausgang.

Mir blieb nicht viel Zeit. Brennt es irgendwo? Ich sog die Luft durch meine Nase. Nein, das roch nicht danach. Ich erinnerte mich an die Stampede, die ich vor einiger Zeit in so einem Uraltschinken mit John Wayne gesehen habe. Dort ist eine Rinderherde erschreckt durch Bären, (oder waren es Wölfe?), in Panik geraten und hat auf ihrem Fluchtweg alles zermalmt was im Wege war. Nur John Wayne konnte diese stoppen. War schon ein toller Typ dieser John, wie er auf seinem Pferd versuchte an die Spitze der Herde zu gelangen und ihm dies unter Einsatz seines Lebens auch gelang. Wild das Lasso in der einen Hand schwingend. Aber ich schweife ab.

Leider war hier und heute auch weit und breit kein John Wayne zu sehen. Und da es ferner nicht zu erwarten war, daß er aus der Toilettentür die sich rechts vom Gang befindet springen würde um den Ganzen mit ein paar Schüssen, in die Luft versteht sich, Einhalt zu gebieten, immerhin ist John schon vor ein paar Jährchen in die ewigen Jagdgründe eingegangen, und das Pferd würde auch nicht in die Toilette passen, blieb mir nichts anderes übrig, als mich ganz eng an die Wand zu pressen, ein Stoßgebet an wen auch immer zu senden, (lieber John kannst Du nicht doch versuchen ….) und zu hoffen, daß ich ohne allzu grosse Schäden überlebe.

Irgendjemand ist mir dann auf die Zehen getreten und ich glaube von irgendwem hatte ich die Nase im Ohr. Ein lauter Knall, (John bist du da?) die Eingangstür fiel zu. Ein paar aufheulende Motoren und quietschende Reifen waren zu hören und dann war es still. Gespenstisch still. Das ganze war innerhalb von wenigen Sekunden passiert. Aus dem oberen Stockwerk waren verzweifelte Rufe zu hören. In ganz hohen schrillen Tönen, kaum verständlich, langsam leiser werdend, ja fast wimmernd. Die Stimme kannte ich. Es gibt nur einen Kollegen der diese Stimmlage besitzt.

Langsam wurde ich neugierig. Ich ging nach oben. Alles sah so aus wie jeden Morgen. In der Küche stand frischer Kaffee bereit. Cheffe saß an seinem Platz. Auf dem Flur schlurfte mir ein Entwickler entgegen. Seltsam, murmelte ich. Vielleicht habe ich das alles gerade nur geträumt. Sekundenschlaf oder so? Bestimmt! Etwas verwirrt ging ich dann in mein Büro, an meinen Schreibtisch und begann meine E-Mails zu lesen. DA! Das erklärte alles. Keine Bären, keine Wölfe – ein E-Mail hatte meine Kollegen flüchten lassen:

SB. hat Probleme mit dem FTP. "Es geht nicht!", sagt er. Es möchte bitte jemand zu ihm hoch kommen. Freiwillige vor.
Gruß

Panisch packte ich meine Sachen zusammen und rannte Richtung Ausgang, den Kollegen hinterher. Da könnte nicht mal John helfen.

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